Mein Anteil an der Erstellung des Hintergrundbildes von Plasma 6.1 „Reef“

Plasma 5

Ein kurzer Rückblick: In Plasma 5 hatten wir vor allem Hintergrundbilder mit geometrischen Formen. Sie zeigten digitale Repräsentationen der Natur oder waren gar gänzlich abstrakt, was ich eigentlich noch nie so richtig mochte. Womöglich war das eine Weile im Zeitgeist oder vielleicht finden viele technisch-versierte Linux-Nutzer derartige offensichtlich mit dem Computer erstellten Hintergrundbilder ansprechend. Mittlerweile bieten wir aber nicht mehr nur für Technikbegeisterte, sondern für alle Computernutzer das beste Gesamtpaket aus Sicherheit, Privatsphäre, Nutzerfreundlichkeit und Leistung an. Deswegen ist es meiner Meinung nach wichtig, dass unsere Hintergrundbilder nicht nur repräsentieren, wofür wir stehen, sondern auch, was wir ermöglichen wollen. Im besten Fall begeistern wir so ein breites Publikum. Wir sollten vom rein Technischen wegkommen und eher den Menschen und das kreative, schöpferisch-künstlerische Element in den Mittelpunkt stellen, das Computern immer fehlen wird. Ein bodenständiges Beispiel dafür sind Hintergrundbilder, die auch einfach mit Stiften auf einem Blatt Papier erzeugt werden könnten.

Plasma 6.0

Für die Megaveröffentlichung und Plasma 6.0 hatte KDE einen Wettbewerb für das nächste Hintergrundbild ausgetragen. Es gab eine Jury dafür, und obwohl ich in keinster Weise am Wettbewerb beteiligt war, hatte ich volle Übereinstimmung mit der Auswahl der Gewinner*in durch die Jury. Gewonnen hat „Scarlet Tree“ (dt. „Rot-Orangener Baum“): Die Künstler*in trat meines Wissens nach nie öffentlich in Erscheinung und das Einzige, was ich von ihr weiß, ist ihr Pseudonym „axo1otl“, unter dem das Hintergrundbild veröffentlicht wurde. Soweit ich weiß, wurde Kommunikation mit ihr vom Italiener Niccolò Venerandi gehandhabt.

Plasma 6.1

Aber bald stand dann auch schon Plasma 6.1 vor der Tür. Man könnte sich fragen: Brauchen wir denn wirklich für jede Version ein neues Hintergrundbild?

Laut unserer Werbegruppe ist die Antwort: Ja, aber klar!

Das Problem ist nämlich, dass wir zwar bei jeder Veröffentlichung Bilder von der neuen Plasma-Version zeigen wollen, aber nicht jede neue Plasma-Version auch Änderungen an der Standard-Benutzeroberfläche mit sich bringt. Das wäre ja auch für alle zu nervig, wenn wir jedes halbe Jahr Knöpfe verschieben oder das Design ändern würden!

Wenn wir aber das Hintergrundbild ändern, ist klar: Das ist eine neue Version. Das Bild ist dann wohl eher eine Repräsentation all der Änderungen, die im Hintergrund passiert sind.

Außerdem bringt ein neues schönes Bild natürlich auch etwas Farbe und Abwechslung in das Leben der Nutzer*innen, falls diese nicht sowieso bereits ihre Hintergrundbilder nach eigenem Wunsch angepasst haben.

Für das Plasma 6.1 Hintergrundbild war der Plan, bei einem ähnlichen Stil zu bleiben, wie bei Plasma 6.0. Die selbe Autor*in „axo1otl“ malte ein weiteres Bild für uns. Leider bekamen wir es erst relativ spät zu Gesicht:

Die Begeisterung innerhalb der visuellen Design-Gruppe hielt sich bei diesem Bild in Grenzen. Das Bild ist sehr voll und deswegen fanden manche, dass es sich nicht als Hintergrundbild eignet. Diese Abneigung ging weit genug, dass eine Diskussion aufkam, was wir denn stattdessen als Hintergrundbild verwenden sollten und das obwohl wir kaum noch Zeit hatten, eine Entscheidung zu treffen.

Ich fand und finde es nicht so ungeeignet, wie andere. Damit war ich in der Minderheit. Allerdings fand sich auch nicht auf die Schnelle ein Ersatz, der allzu viel Zustimmung fand. Manche Vorschläge gingen zurück zu dem alten geometrischen abstrakten Stil aus Plasma 5-Zeiten.

Außerdem war das Bild doch etwas zu schön, um es einfach fallen zu lassen. Also wurden Konzepte entwickelt, wie wir vielleicht doch das Bild „Reef“ (dt. „Riff“) verwenden könnten.

Bearbeitungen

Niccolò versuchte es mit Unschärfe: Der Waliser Oliver Beard schob einige der Bildelemente aus dem Bild heraus, damit es insgesamt ruhiger wirkt und dem Wort „Hintergrund“ in „Hintergrundbild“ gerecht wird: Das wurde konzeptionell als Schritt in die richtige Richtung angesehen.

Niccolò versuchte es daraufhin mit einer Kombination der beiden Strategien: Während ich dies beobachtete, wurde mir klar, dass die Möglichkeiten der Gestaltung stark eingeschränkt waren, da sich niemand so recht traute, selbst etwas zu dem Bild hinzuzufügen. Deswegen wurden die Riffe sehr groß im Bild. Niemand machte sie kleiner, da dies zur Folge hätte, dass man die restliche Fläche auffüllen müsste, zum Beispiel, indem man mehr Sand dazu malt.

Ich sah bereits eine Zukunft vor mir, in der wir aufgrund des Zeitdrucks einfach nur solch eine eher schnell zusammengewürfelte Abwandlung des Originalbildes veröffentlichen, in dem all die schönen Details versteckt werden mussten, da wir uns sonst nicht anders zu helfen wüssten.

Das wollte ich nicht. Ich hatte das Gefühl, ich könnte und sollte hier vielleicht helfen.

Die Sache ist nämlich die: Da ich so oft am Dolphin Dateimanager arbeite und dort regelmäßig in die Tiefen des Programmcodes eintauche, kenne ich mich mit Unterwasserlandschaften aus. Ich habe ja auch in den letzten zwei Jahren bei zwei Dolphin Treffen im Mittelmeer teilgenommen: Bei Barcelona und Thessaloniki.

Also fing ich an, selbst das Bild anzupassen:

Mein Plan war, mehr Raum zu schaffen, sodass mehr Ruhe in das Bild kommt. Betrachtende sollten sich nicht mehr so fühlen, als seien sie mitten in einem belebten Korallenriff, sondern eher als seien sie im weiten Meer auf der Wanderung mit viel Raum zu allen Seiten. Indem ich den rechten Teil des Riffs auf eine neue mittlere Ebene setzte und die Burg verkleinerte, wuchsen die Tiefe und die Distanzen im Bild. Nach erster positiver Rückmeldung ergänzte ich die fehlenden Elemente des Bildes mehr und mehr:

Manche der visuellen Design-Gruppe störten sich daran, dass der Pfad unten im Bild nicht mehr zur Burg führte. Andere sahen in dem Pfad eher ein allgemein störendes Bildelement, das entfernt werden sollte. Ich bog das sichtbare Ende Richtung Burg:

Dann galt es auch noch die Wellenerscheinungen am oberen Rand des Bildes aufzufüllen. Dort waren große Leerflächen, wo einst die Türme der Burg zu sehen waren.

Das obige Bild war mein Ergebnis, nachdem ich bis 4 Uhr in der Früh daran gearbeitet hatte. Ich hörte erst auf, als ich das Bild als gut genug befand, dass ich es als Hintergrundbild für Plasma vertreten konnte. Durch meine nächtliche Arbeit hoffte ich sicherzustellen, dass wir insgesamt rechtzeitig fertig würden und doch noch ein halbwegs passables Hintergrundbild für Plasma 6.1 haben würden.

Als ich am nächsten „Morgen“ erwachte, ging ich auf die Änderungswünsche der Gruppe ein. Mehr Leute hatten sich gemeldet, die den Pfad ebenfalls nicht mochten. Ich hatte ihn ursprünglich beibehalten wollen, da ich mir alle Mühe gab, so viel von der ursprünglichen Vision und Technik von „axo1otl“ zu erhalten, wie möglich.

Aber zugegebenermaßen war das Ziel dieser ganzen Übung, das Hintergrundbild ruhiger zu machen. Bildelemente zu entfernen geht damit Hand in Hand. Es stellte sich auch heraus, dass für einige die Perspektive des Pfads nicht so wirkte, als würde sie überhaupt zur Burg führen. Sie machten auch nicht unbedingt den gedanklichen Schritt, sich selbst als Wanderer auf diesem Pfad zu sehen.

Also entfernte ich ihn und nutzte die Gelegenheit, den Sand am unteren Bildschirmrand zu verbessern und näher an den Zeichenstil des nicht von mir ergänzten Sandes anzupassen.

Damit waren dann endlich alle halbwegs zufrieden. Es war vielleicht nicht eines unserer besten Hintergrundbilder aller Zeiten, aber in Anbetracht des Zeitdrucks machte es wenig Sinn, eine Diskussion neu anzuleiern.

Allerdings wollten wir auch sicherstellen, dass die ursprüngliche Künstler*in „axo1otl“ mit den Veränderungen zufrieden war, da das Bild ja auch unter ihrem Pseudonym veröffentlicht werden würde.

Sie bekam das Bild also zurück und machte noch innerhalb von ein, zwei Tagen ein paar finale Änderungen:

Und was soll ich sagen: Ich mag die Änderungen. Bessere Schatten und der Malstil des von mir hinzugefügten Wassers und des Sandes wurde so angepasst, dass man nicht mehr erkennen kann, dass nicht alles von der selben Person gemalt wurde. Dafür wurden zum Beispiel Farbübergänge durch diskrete Farbabstufungen ersetzt.

Also alles schön und gut, nur der Pfad war wieder da. Überhaupt hatte es für mich den Anschein, als ob dieses Bild gar nicht auf meiner allerletzten Version basierte, sondern auf der vorletzten.

Ich weiß zwar nicht, was da passiert ist, aber für mich war das so in Ordnung. Nicht jeder war über das Wiedererscheinen des Pfads glücklich, aber da es sich eher um ein Detail handelt, gab es kaum Kritik.

Veröffentlichung

Und dann kam die Veröffentlichung von Plasma 6.1. Aber aufgrund von unvorhergesehenen Umständen war das Hintergrundbild nicht in der Veröffentlichung! Ich möchte da nicht weiter darauf eingehen. Für mich war das natürlich ärgerlich.

Weiterhin stellte ich fest, dass das Hintergrundbild, das dennoch zumindest zum Download angeboten wird, nicht etwa das Bild ist, das von „axo1otl“ zuletzt bearbeitet wurde, sondern meine letzte Version. Ich hoffe „axo1otl“ ist darüber nicht allzu betrübt. Sie wird jedoch nach meinem aktuellem Stand kein Hintergrundbild für Plasma 6.2 erstellen.

Ich habe hier noch eine Version des Hintergrundbildes auf Basis von „axo1otl“s letzter Version erstellt. Das Bild ist fast identisch zum obigen. Ich habe lediglich den Pfad entfernt. Falls Sie den Pfad nicht mögen, ist diese Version wohl die beste von allen für Sie. Allerdings hat sie ganz leichte Kompressionsartefakte:

Plasma 6.2

Für die nächste Plasma-Version will unsere Werbegruppe wieder ein neues Bild. Es gibt bereits Bemühungen, damit wir es hoffentlich dieses Mal besser hinkriegen.

Ich habe in https://invent.kde.org/teams/vdg/issues/-/issues/52#note_972957 vorgeschlagen, dass wir in KDE's Internetforum eine permanente Kategorie erstellen, in der jeder selbstgemachte Hintergrundbilder für uns hochladen kann. Vielleicht gibt es ja da draußen irgendwo Künstler, die gerne als Hobby Hintergrundbilder malen. Ich hoffe manche davon wären großartig und dann für uns und alle als Hintergrundbilder zukünftiger Plasma-Versionen bestens geeignet.