Demobericht von der „Free Palestine“ Demo am 04.11.2023 in Berlin
von Dirkson
Es ist der erste Sonnabend im November 2023 und die Notwendigkeit für Frieden auf die Straße zu gehen ist unverändert. Das Morden auf den Schlachtfeldern der Ukraine geht weiter und im Nahen Osten im Israel-Palästina Konflikt gibt es neue schreckliche Eskalationen der Gewalt, um nur zwei der aktuellen Brennpunkte zu nennen, von denen es ja leider noch mehr gibt.
Am Alex sind an diesem Tag zwei Veranstaltungen mit der Forderung nach Frieden angesagt. Auf die der Gegendemonstranten, welche die kriegslüsternen Interessen der Herrschenden unterstützen, ersparen wir uns an dieser Stelle einzugehen, im Vergleich zum friedensmotivierten Protest waren diese auch ohnehin kaum wahrzunehmen. Diese gekauften oder anders irregeführten Darsteller, deren Hauptanliegen darin zu sehen ist ein Teil der Fotokulisse für die massenmedialen Desinformationen zu sein, sind hinlänglich bekannt und kaum noch der Rede wert.
Zuerst möchte ich die „Frieden Jetzt“ Demo, deren stationärer Teil mit verschiedenen Redebeiträgen in der Nähe der Weltzeituhr stattfand, erwähnen, an der sich auch einige Aktivisten der Freien Linken gemeinsam mit anderen Friedensbewegten beteiligten. Auch hier gab es einen Protestzug durch die Stadt, auf dem Kritik an dem NATO-Kriegskurs kundgetan wurde. Diese unterstützenswerte Veranstaltung, mit vielen Leuten die seit Jahren für Frieden, Freiheit und Menschenrechte auf die Straße gehen, hatte es an diesem Tag aber nicht leicht, weil die aktuellen Ereignisse den Fokus vieler Menschen zwangsläufig auf das Thema Palästina richten.
Nun also zur größeren der beiden Demos, die unter dem Titel „Free Palestine“ am Neptunbrunnen vor dem Roten Rathaus startete. Auch hier beteiligten sich Aktivisten der Freien Linken. Unter dem Eindruck der schrecklichen Bilder und Berichte war es auch uns ein Anliegen ein Zeichen der Solidarität mit den Opfern der Gewalt in diesem furchtbaren Konflikt zwischen israelischem Staat, seinen Bürgern und den Palästinensern zu setzen und uns, so wie es viele, viele Tausende Menschen weltweit an diesem Tag taten, an dem Protest zu beteiligen. Unser Mitgefühl gilt allen Opfern und deren Angehörigen, besonders den vielen Zivilisten unter ihnen, in ihrer Mehrheit Frauen und Kinder.
Auch wenn die Angriffe der Hamas und anderer palästinensischer Widerstandskämpfer auf israelische Zivilisten zu verurteilen sind, sind es die völlig unverhältnismäßigen und in erheblichem Maße die unbeteiligte palästinensische Bevölkerung treffenden Rachemaßnahmen der israelischen Streitkräfte nicht minder. Das Recht auf Selbstverteidigung darf keine Berechtigung zu Kriegsverbrechen beinhalten, es darf nicht als Vorwand für Massenmord durch die massenhafte Bombardierung ziviler Einrichtungen und gewaltsame Vertreibung von Menschen aus ihrer Heimat hergenommen werden. Dieser Konflikt hat eine lange Vorgeschichte und die Welt sollte nicht länger die Augen vor dem Leid der Menschen dort verschließen. Die erklärte bedingungslose Unterstützung Israels, eines Staates, der sich unter der Führung von rechtskonservativen bis hin zu offen faschistischen Kräften längst zu einem rassistischen Apartheidsstaat entwickelt hat, durch die deutsche Bundesregierung verdient Kritik und Ablehnung. Die deutsche Regierung ist deswegen auch völlig zu Recht Adressat dieses Protestes, bedeutet doch ihre Unterstützung die Zuführung von Geld und Waffen auch in dieses Kriegsgebiet und somit die Beförderung der Eskalation der Gewalt auch dort.
Als wir beim Sammelpunkt der Demo am Neptunbrunnen eintrafen war dieser schon gut gefüllt aber immer noch strömten viele Menschen weiter der Versammlung zu, so dass schnell klar wurde, das wird an diesem Tag eine große Sache. Neben vielen Palästina Flaggen waren Fahnen verschiedenster unterstützender zumeist linker Organisationen zu sehen, auch wir Freie Linke hatten unsere Freie Linke Anarchisten Fahne mit dabei. Wir stehen für den Freiheitskampf um Selbstbestimmung aller Menschen wo immer der Mensch ein unterdrücktes erniedrigtes Dasein leidet. Die Forderung „Freiheit für Palästina“, ein häufiger Ruf an diesem Tag, unterstützen wir gerne. Die Protestteilnehmer wurden immer zahlreicher während von einem Wagen erste Redebeiträge gehalten wurden, auf Grund der Masse der Menschen waren diese wohl nur für einen Teil der Teilnehmer in direkter Nähe zu verstehen, auch wir bekamen nur Bruchstücke davon mit und deswegen kann hier zu konkreten Inhalten der verschiedenen Beiträge, die auch in verschiedenen Sprachen gehalten wurden, auch kaum Auskunft gegeben werden. Auch wenn wir so vielleicht nicht jede der dort geäußerten Ansichten teilen ist die Hauptforderung der Veranstaltung, nämlich sofortige Waffenruhe, vielfach ausgedrückt in der Parole „CEASEFIRE NOW“ eine der wir uns entschieden anschließen.
Als der Demozug sich Richtung Potsdamer Platz durch die Berliner Innenstadt in Bewegung setze hatten sich schon viele tausend Menschen angeschlossen, unter ihnen viele mit palästinensischer oder arabischer Herkunft, aber auch viele Menschen mit unterschiedlichsten Wurzeln. Es war eine sehr bunte und, wie wir es wahrnahmen, sehr friedliche Versammlung, dieser Eindruck wurde nur hin und wieder durch Handlungen der Polizei unterbrochen, die meinten sich in provokanter martialischer Manier in Rotten mitten unter die Protestierenden stellen zu müssen. Vermutlich war die Polizei so auf der Suche nach Leuten denen man versucht Verstöße gegen die kaum noch nachvollziehbaren, immer wieder neu kreierten Sprachregelungen dessen was man so heute in Deutschland noch sagen darf und was nicht anzulasten. In unseren Augen Gesinnungsjustiz, die die angeblich garantierte Meinungsfreiheit ad absurdum führt, was nützt die Freiheit der Meinung, wenn die Äußerung derselben unter Strafandrohung steht.
Die Angaben über die Teilnehmerzahl gehen wie gewohnt bei Regierungskritischen Demos auseinander, man findet Angaben von mehreren Tausend bis etliche Zehntausend, da möge sich jeder nach der Sichtung des auffindbaren Videomaterials selber ein Bild machen, wir halten Angaben von 20-30 Tausend für realistisch, aber das ist nur eine Schätzung.
Unterwegs gab es auch ergreifende Momente, Kinder die das Ende des Mordens an palästinensischen Kindern durch die israelische Armee forderten, die Emotionen die man hier wahrnehmen konnte lassen niemandem mit offenem Herzen unberührt. Frauen mit Transparenten auf denen „Stop the genocide“ („Stoppt den Genozid“) stand, was die deutsche Exekutive mittlerweile vermutlich auch schon für strafwürdig erachtet, obwohl, wenn man sich die Definition des Begriffes anschaut zumindest der Verdacht besteht das die Vorgänge in Gaza in diese Richtung laufen. Eine katastrophale Entwicklung dem die deutsche Regierung durch entsprechende diplomatische Bemühungen entgegenwirken sollte anstatt der israelischen Regierung bedingungslose Unterstützung zuzusichern, was wie eine Freikarte zu Massenmord und Vertreibung wirkt, aber Diplomatie ist ja in deutschen Regierungskreisen zu einem Fremdwort geworden und offensichtlich der vasallenhaften US-imperialistischen Bündnistreue untergeordnet.
Die Rolle deutscher Akteure wurde in Rufen wie „Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt“ oder „Deutschland finanziert, Israel bombardiert“ thematisiert. Diesen letzteren Spruch nutzen einige Vertreter der transatlantischen Propagandaorgane prompt um in dreister sinnentstellender Absicht daraus die Behauptung zu konstruieren, dass auf den Pro-Palästina Demos „Israel bombardieren“ gerufen wurde, ein klarer Fall von Fake News.
Am Potsdamer Platz angekommen endete der Zug und einige Zeit später auch die Versammlung. Es bleibt die Hoffnung das mit diesem Protest ein starkes Zeichen gegen die Eskalation der Gewalt und für friedliche Lösungen gesetzt werden konnte. Genauso wie wir hoffen, dass der Widerspruch gegen die offizielle Lesart der westlichen Regierungen auch bei diesem Konflikt von möglichst vielen Menschen wahrgenommen wird.